Das kann teuer werden – die Kündigung des Bauherrn

Gerade beim Bau gibt es sicherlich Situationen, in denen man als Bauherr den eingegangenen Vertrag am liebsten sofort kündigen möchte. Dabei ist jedoch allerhöchste Vorsicht geboten.

  1. Im Werkvertragsrecht - und damit insbesondere auch im Bauvertragsrecht - besteht zwar die Besonderheit, dass der Besteller einer Werkleistung sich jederzeit durch „freie“ Kündigung von dem geschlossenen Werkvertrag (z.B. Bauvertrag, Architektenvertrag) lösen können soll. Der Besteller als Auftraggeber kann gegenüber seinem Vertragspartner, dem Auftragnehmer, jederzeit und ohne besonderen Grund, erklären, dass keine weitere Tätigkeit des beauftragten Werkunternehmers mehr gewünscht ist. Die Kündigung kann dabei ausdrücklich erklärt werden, etwa durch mündliche oder schriftliche Erklärung, wobei es aber nicht zwingend notwendig ist, das Wort „Kündigung“ oder „freie Kündigung“ zu verwenden. Es reicht aber auch aus, wenn unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, dass der Auftragnehmer nicht weiter tätig werden soll. So kann beispielsweise ein vom Bauherrn ausgesprochenes Baustellenverbot als Kündigungserklärung gewertet werden, ebenso wie die Erklärung, man habe bereits ein anderes Unternehmen beauftragt.

    Aber so „frei“ ist das Kündigungsrecht für den Bauherrn bei genauerer Betrachtung nicht. Denn im Falle der „freien“ Kündigung erhält der Unternehmer als Ausgleich nämlich nicht etwa nur die Vergütung für seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, sondern darüber hinaus als Entschädigung auch den Teil der Vergütung, der auf den aufgrund der Kündigung nicht mehr zur Ausführung gelangten Teil entfällt, wenn auch unter Anrechnung seiner ersparten Aufwendungen. Nach dem Gesetz wird vermutet, dass dieser Teil 5 % der entfallenen ursprünglichen Vergütung beträgt. Da es sich jedoch, wie der Wortlaut des § 648 Satz 3 BGB zeigt, nur um eine „Vermutung“ handelt, kann diese Vermutung vom Auftragnehmer auch widerlegt werden, was nicht selten der Fall ist. Kann der beauftragte Unternehmer nachweisen, dass er durch die Kündigung weniger Aufwand erspart hat, kann der Entschädigungsanspruch des gekündigten Auftragnehmers durchaus höher als 5 % des vertraglich vereinbarten Preises für seine Leistung ausfallen. Insbesondere im Falle gekündigter Architektenverträge können hier schnell Prozentsätze von 50 und mehr zustande kommen.
    Die „freie“ Kündigung kann also schnell zur Kostenfalle werden. Vor diesem Hintergrund sollte ein Bauherr gut abwägen, ob er von seinem „freien“ Kündigungsrecht Gebrauch macht.
     
  2. Um zu vermeiden, dass der Bauherr nach Kündigung des Werkvertrages mit weiteren Kosten belastet wird, sollte stets im Vorfeld geprüft werden, ob als Alternative zur “freien“ Kündigung eine Kündigung „aus wichtigem Grund“ in Betracht kommt. Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 648a Absatz 1 Satz 2 BGB vor, „wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.“

    Der Wortlaut der Norm deutet darauf hin, dass es sich bei der Kündigung aus wichtigem Grund um einen Ausnahmefall handelt.

    So charmant es auch sein mag, zur Vermeidung eines Ausgleichsanspruchs des gekündigten Auftragnehmers seine Kündigungserklärung mit dem Zusatz „aus wichtigem Grund“ zu versehen, so wichtig ist es, vor Erklärung der Kündigung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund auch vorliegen. Wird die Kündigung „aus wichtigem Grund“ erklärt und stellt sich zu einem später Zeitpunkt heraus, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung aus wichtigem Grund gar nicht vorlagen, wird die Kündigung regelmäßig in eine „freie“ Kündigung umgedeutet werden, mit der Folge, dass der Entschädigungsanspruch des Auftragnehmers, z.B. des Architekten oder des Bauunternehmers, entsteht. Der Werkunternehmer ist dann so zu stellen, wie wenn der Auftraggeber eine „freie“ Kündigung erklärt hätte.

    Eine sorgfältige Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen, ist daher dringend geboten, um nicht in eine Kostenfalle zu tappen.
     
  3. Abschließend noch eine Besonderheit zur Kündigung von Architektenverträgen:

    Für den Architektenvertrag hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2018 mit § 650r BGB ein Sonderkündigungsrecht des Bauherrn eingeführt. Wird es wirksam ausgeübt, ist nur der Teil der bis zur Kündigung erbrachten Architektenleistung zu vergüten. Ziel dieser Regelung ist es zu vermeiden, dass Bauherren einen umfassenden Architektenvertrag abschließen, der neben der Beratung etwa auch die Genehmigungs- und Ausführungsplanung sowie die Bauüberwachung beinhaltet. Dem Bauherrn soll die Möglichkeit eröffnet sein, sich in einem frühen Stadium von dem Architekten als Vertragspartner lösen zu können, ohne im Falle einer „freien“ Kündigung des Vertrages umfangreichen Ausgleichsansprüchen des Architekten ausgesetzt zu sein.

    Das setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Planungs- und Überwachungsziele noch nicht abschließend feststehen. Der Architekt hat dann die erarbeiteten Planungsgrundlagen und eine Kosteneinschätzung vorzulegen. Nach Vorlage dieser Unterlagen hat der Bauherr die Möglichkeit den Architektenvertrag innerhalb von zwei Wochen „frei“ zu kündigen. Es ist dann lediglich die bis dahin erbrachte Leistung zu vergüten.

    Es sollte also stets sorgsam geprüft werden, ob das mit einer Kündigung verbundene Kostenrisiko in Kauf genommen werden soll.
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