Doppelhäuser – muss man sich als Nachbar alles gefallen lassen?

Wer sich gegen ein Bauvorhaben auf einem benachbarten Grundstück wenden möchte, kann dagegen Widerspruch erheben. Erfolg hat der Widerspruch allerdings nur, wenn die damit angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig erteilt wurde und der Widerspruchsführer gerade dadurch in seinen Nachbarrechten verletzt wird. Gelingt dieser Nachweis nicht, wird der Widerspruch aller Voraussicht nach mittels kostenpflichtigem Widerspruchsbescheid zurückgewiesen.

Als in Betracht kommende nachbarschützende Rechte ist zunächst an die Vorschriften zum Bauordnungsrecht – geregelt in der Landesbauordnung (LBO) – zu denken. Darunter fallen insbesondere solche Vorschriften, die der ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung von Aufenthaltsräumen dienen. Exemplarisch können hier die Vorschriften über die einzuhaltenden Abstandsflächen genannt werden. Entspricht das Bauvorhaben nicht diesen Vorgaben, bestehen gute Chancen, dass der Widerspruch Erfolg hat.
Neben dem Bauordnungsrecht bietet aber auch das sog. Bauplanungsrecht – geregelt im Baugesetzbuch (BauGB) – nachbarschützende Vorschriften, die einem Vorhaben entgegengehalten werden könnten. Insbesondere sei hier das sog. Rücksichtnahmegebot genannt. Ein Verstoß hiergegen liegt vor, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert. Ein Doppelhaus ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden.

Der fehlende Grenzabstand führt dazu, dass zwischen beiden Nachbarn eine enge Wechselbeziehung entsteht, die jeden Grundstückseigentümer zugleich begünstigt und belastet. Einerseits darf ohne seitlichen Grenzabstand direkt an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Andererseits entfällt dadurch der Sozialabstand. Es entsteht ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. Dies rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen. Der bisher durch das Doppelhaus gezogene Rahmen darf nicht überschritten werden.
Damit wird aber nicht gefordert, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude vollständig oder im Wesentlichen deckungsgleich aneinandergebaut werden müssen. Die beiden "Haushälften" können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden, sie müssen jedoch zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sein.

Es lässt sich allerdings weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen. In welchem Umfang vor diesem Hintergrund ein vorderer, rückwärtiger oder seitlicher Versatz möglich ist, ohne das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht zu bringen oder die „harmonische Beziehung“, in der die
einzelnen Gebäude zueinander stehen müssen, in Frage zu stellen, ist vielmehr nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen

So kann etwa ein Gebäude, das an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, unzulässig sein. Ebenso kann ein Anbau, der wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen, das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht bringen.

Damit sich die Doppelhaushälfte des Nachbarn in den von der anderen Doppelhaushälfte vorgegebenen Rahmen noch einfügt, sodass noch von einer „harmonischen Beziehung“ beider Haushälften gesprochen werden kann, muss also ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden. Dabei kommt es sowohl auf quantitative Aspekte, insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen, als auch auf qualitative Aspekte an, insbesondere die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes.
Ob gegen bauliche Veränderungen auf dem Nachbargrundstück mit Erfolg Widerspruch erhoben werden kann, sollte vorab mit einem auf dem Gebiet des öffentlichen Baurechts tätigen Rechtsanwaltes erörtert werden.

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