Rundfunkbeitragspflicht - Befreiungsmöglichkeit in besonderen Härtefällen

Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.

Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber einer Wohnung wird nach § 2 Abs. 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) jede Person vermutet, die

  1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist
    oder
  2. im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist.

Vielen Bürgern ist diese Beitragspflicht ein Dorn im Auge, trifft einen die Pflicht, Rundfunkbeiträge zu entrichten, unabhängig vom eigenen Nutzungsverhalten. Selbst wer wenig oder gar kein Fernsehen schaut oder Radio hört, ist grundsätzlich beitragspflichtig, wenn er Inhaber einer Wohnung ist.

Das liegt darin begründet, dass es sich um einen Rundfunkbeitrag handelt und nicht um eine Rundfunkgebühr. Im Gegensatz zu Gebühren, die nur gezahlt werden müssen, wenn eine bestimmte Leistung in Anspruch genommen wird, sind Beiträge für eine mögliche Inanspruchnahme öffentlicher Güter auch dann zu zahlen, wenn diese nicht genutzt werden.

Aber gibt es dann überhaupt Möglichkeiten, dieser Beitragspflicht zu entgehen?
Ja! Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sind sog. Befreiungstatbestände geregelt. Befreiungen kommen danach insbesondere aus sozialen Gründen in Betracht.

Voraussetzung für eine Befreiung ist, dass der Beitragsschuldner eine der in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 und Nr.10 RBStV genannte Sozialleistung bezieht oder zu dem von § 4 Abs. 1 Nr. 9 und 10 RBStV erfassten Personenkreis gehört. Wenn der Beitragspflichtige durch entsprechende Bestätigung einer Behörde oder des Leistungsträgers oder durch einen entsprechenden Bescheid nachweisen kann, dass einer der Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV auf ihn zutrifft, besteht ein Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht.

Neben diesen sog. "Katalogtatbeständen" ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aber noch eine weitere Befreiungsmöglichkeit enthalten. Gemäß § 4 Abs. 6 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt bei besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Der Begriff des besonderen Härtefalls erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vor allem diejenigen Fälle, in denen der Beitragspflichtige eine mit den Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (Sozialhilfe) vergleichbare Bedürftigkeit nachweisen kann.

Ein besonderer Härtefall kommt damit insbesondere bei einkommensschwachen Wohnungsinhabern in Betracht, die nach Abzug ihrer Wohnkosten weniger Einkommen zur Verfügung haben als ein Bezieher von derartigen Leistungen und sie kein verwertbares Vermögen haben.

In seinem Urteil vom 30.10.2019 (Az. 6 C 10.18) hat das Bundesverwaltungsgericht der Absolventin eines Zweitstudiums, die keine Berufsausbildungsförderung und deshalb auch keine anderen Sozialleistungen erhält, die beantragte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zuerkannt. Zur Begründung führten die Richter aus, es läge ein besonderer Härtefall nach § 4 Abs. 6 RBStV vor. Die Klägerin sei als Mieterin einer Wohnung zwar grundsätzlich zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags verpflichtet. Nach Abzug der Mietkosten stehen ihr allerdings nur 377 Euro für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung. Damit liege ihr monatliches Einkommen unterhalb des Regelsatzes für Sozialhilfeleistungen, sodass ein besonderer Härtefall vorliege und ein Anspruch auf Befreiung bestehe.

Beitragspflichtige, die lediglich über ein Einkommen verfügen, das unter den sozialhilferechtlichen Regelsätzen liegt, können mithin eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht beantragen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen in solchen Fällen anhand der vom Beitragspflichtigen vorzulegenden Nachweise prüfen, ob eine Bedürftigkeit vorliegt, die einen besonderen Härtefall darstellt.
Die Befreiung von der Beitragspflicht kann im Übrigen auch rückwirkend gewährt werden. Liegen die Voraussetzungen für die zu erteilende Befreiung für einen Zeitraum vor, für den die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt bereits rückständige Rundfunkbeiträge festgesetzt hat, so ist sie verpflichtet, auch die bereits erlassenen Festsetzungsbescheide insoweit aufzuheben.

Wer sich von der Rundfunkbeitragspflicht befreien lassen will, sollte vor der Antragstellung selbst kritisch prüfen, ob für ihn einer der "Katalogtatbestände" des § Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV in Betracht kommt oder ob die eigene finanzielle Situation einen "besonderen Härtefall" rechtfertigen könnte. In Zweifelsfällen kann auch eine rechtliche Beratung sinnvoll sein.

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